“Als Jugendliche war ich auf den Protesten gegen die bayerische Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf für Atommüll und redete mit den Aktivist*innen, die dort Widerstand leisteten. Die Polizei ging mit Wasserwerfern und Tränengas gegen sie vor, es gab massiven Druck seitens der Politik auf Menschen, die vor Ort lebten. Trotzdem waren die Proteste erfolgreich, die WAA wurde verhindert. Das Schönste daran war die Zusammenarbeit verschiedenster Leute: Pensionist*innen, Bäuer*innen, Berliner Anarchist*innen, Punks. Wie sie gemeinsam zivilen Ungehorsam gegen eine patriarchale, umweltzerstörerische Wirtschaftsdoktrin leisteten, das hat mich nachhaltig geprägt.
Ich wuchs in einer erzkatholischen Familie auf. Im Innviertel, wo ehemalige Nazis unbehelligt weiterleben und -arbeiten konnten, und wo Haider mit seinen Aschermittwochsreden begann. Ein Umfeld, wo du weißt, du wirst zur Zielscheibe, wenn du aus der Reihe fällst. 1992 ging ich nach Wien, um den engen patriarchalen und heteronormativen Vorstellungen dort zu entkommen und in der Stadt Freiheit als lesbische und genderqueere Person zu finden.
Heute bin ich immer noch hier und das ist gut so. Seit 1996 bin ich in der Türkis Rosa Lila Villaorganisiert, habe die Queer Base – Welcome and Support for Lgbtiq Refugees mitaufgebaut, die Donnerstags-Demos mitorganisiert. Es geht mir nicht besser, wenn es anderen schlecht geht. Mir geht es besser, wenn alle alles haben, um ein gutes Leben zu führen. Das bedeutet Freiheit und Gleichheit für alle, die in dieser Stadt leben.
Links sein bedeutet für mich, zugehörig, kritisch und wach zu sein. Es bedeutet die Möglichkeit, zu einer Gesellschaft beitragen zu können – mit den Fähigkeiten, die man hat und weiter ausbaut. Und es bedeutet auch den Versuch, Zusammenhänge zu verstehen und Wege zu finden, uns zu befreien.
Das Wort Befreiung sollte man überhaupt öfter verwenden.”
Dr. Marty Huber ist radikale Demokratin, Wissenschaftlerin, Aktivistin. Marty ist LINKS.