Bündnis protestiert gegen Menschenrechtsverstöße der Taliban und der EU

Nach einem Jahr der Herrschaft der Taliban ist die Bilanz erschütternd: Mädchen, Frauen und Minderheiten werden systematisch unterdrückt, Andersdenkende verfolgt und ermordet, die Bevölkerung lebt in massiver Armut, demokratische Prinzipien sind ausgehebelt. Der internationale Aufschrei ist lange verhallt und Solidaritäts- und Unterstützungszusagen von EU-Politiker:innen sind kaum Taten gefolgt. Im Gegenteil: Die EU handelt unsolidarischer und menschenverachtender denn je. Ob an der spanischen Grenze, im Wald zwischen Polen und Belarus, in Griechenland oder am Balkan – überall werden Geflüchtete menschenunwürdig behandelt und in den Tod getrieben – unter ihnen Tausende Afghan:innen.

Gegen diese Menschenrechtsverletzungen richtet sich der Protest eines Bündnisses von über 20 Organisationen (aus der afghanischen Community in Österreich, der politischen Linken und der Frauenbewegung) am 16. August um 17:00 vor dem Haus der EU in Wien (Wipplingerstraße 35). “Wir wollen ein starkes und geeintes Zeichen der Solidarität setzen und sagen in aller Deutlichkeit, dass dieser menschenverachtende Kurs nicht akzeptabel ist”, sagt Mansoor Ayobi, Mitglied der Soligruppe Afghanistan.

Das Bündnis möchte auf die dramatischen Lebensbedingungen von Frauen und LGBTQIA+ aufmerksam machen. “Jeder Aspekt des täglichen Lebens – ob sie zur Schule gehen, ob und wie sie arbeiten und ob sie das Haus verlassen dürfen – wird stark kontrolliert und eingeschränkt. Diese schonungslose Unterdrückung der Frauen Afghanistans verschärft sich Tag für Tag”, erklärt Sayed Reza Sadat, Obmann des Vereins AGCSO. “Wir sind wütend, dass unsere Rufe, Frauen, Mädchen, Transmänner, nicht-binäre, inter* Personen aufzunehmen, bis heute unerhört blieben. Die Lage hat sich seitdem für Frauen und queere Menschen massiv verschärft, “ kritisiert Daniela Diesner vom Frauen*volksbegehren. “Viele Minderheiten, insbesondere Hazara und Tadschik:innen werden systematisch unterdrückt. Andersdenkende werden eingeschüchtert und verfolgt. Es gibt kein Leben in Sicherheit für sie”, hebt Farhat Azami die furchtbare Situation von Minderheiten und politisch Andersdenkenden hervor.

Vor einem Jahr haben die internationalen Medien die dramatischen Bilder rund um die Machtergreifung der Taliban auf- und abgespielt. Wenige Wochen später war Afghanistan von der medialen Bildfläche verschwunden, das Leid der in Geiselhaft genommenen Bevölkerung hingegen hat erst richtig begonnen. Nur ein Bruchteil der Gräueltaten der Taliban gelangt seither überhaupt in die europäischen Medien.

“Während die Situation in Afghanistan völlig in Vergessenheit gerät, stehen gleichzeitig Tausende verzweifelte Afghan:innen vor den Toren der EU und kommen nicht weiter, egal ob vor der ungarisch-serbischen oder der bosnisch-kroatischen Grenze”, kritisiert Petar Rosandić, Obmann der SOS Balkanroute, einer Hilfsorganisation, die Geflüchtete am Balkan unterstützt. “Die größte Schande sei, dass die österreichische Polizei, Menschenrechtsverbrechen der ungarischen und serbischen Polizei strukturell und personell unterstützt”, fügt er hinzu. Anna Svec, Sprecherin der Partei LINKS betont: “Wir stehen auf gegen die EU-Staaten, allen voran die schwarz-grüne Bundesregierung, die sich mit ihrem blutigen Grenzregime und mit ihrer menschenverachtenden Abschottungspolitik der Mittäterschaft verschrieben haben.” Österreich hat keine schutzbedürftigen Menschen evakuiert und hat bis zur höchtsgerichtlichen Untersagung an Abschiebungen festgehalten. “Ja, Österreich scheut nicht einmal vor illegalen Pushbacks an der slowenischen Grenze zurück!”, empört sich Anna Svec.

Die Organisationen des Bündnisses sind sich einig, dass die Taliban auf keinen Fall als legitime Machthaber anerkannt werden dürfen. Der Politikwissenschaftsstudent Mansoor Ayobi betont: “Eine Anerkennung der Taliban würde ihre Taten legitimieren und es würde dazu führen, dass auch die letzten mutigen Proteste von Menschen in Afghanistan verstummen.” Statt den Taliban eine Bühne zu geben und sie als Diplomaten einreisen zu lassen, “sollte der Stimme des Widerstands, ja den vielen mutigen Aktivist:innen, eine Bühne gegeben werden”.

Veranstalter sind:
20000frauen
AGCSO – Global Civil Society Organization
AKIS – Afghanischer Kulturverein
Ankommen in Wien
BDFÖ – Klub der politisch interessierten Frau
Footprint
Frauenberatung Waldviertel
Frauen* beraten Frauen*
Frauenvolksbegehren
Gegen Abschiebungen
Katib – Kultur Sport Verein
KPÖ Wien
Lesben gegen rechts
LINKS
Netzwerk österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen
Plattform Menschliche Asylpolitik
Queer Base
Rosa – kämpferisch.sozialistisch.feministisch
Seniors for Future
Soligruppe Afghanistan
SOS Balkanroute