Leonie Stein

“Politisiert hat mich nicht ein einzelnes Erlebnis, sondern die Summe aus ganz vielen:
Jedes Mal, wenn man die Schuld bei mir suchte, wenn ich von meinen Erfahrungen mit sexueller Belästigung und Gewalt erzählt habe. Jedes Mal, wenn Lehrer*innen mich nicht ernst nahmen oder sagten, ich solle nicht so aggressiv sein, wenn ich eine rassistische, sexistische oder sozial diskriminierende Aussage kritisiert habe. Jedes Mal, wenn ich an den Männern vorbeiging, die vor dem Frauenhaus warteten, in dem ich eine Zeit lang gearbeitet habe.
Zuerst fielen mir solche Ungerechtigkeiten auf, die mich persönlich betrafen. Nach und nach wurde ich aber aufmerksam auf andere, die mich ebenso wütend machten. Jeder homo- oder xenophobe Kommentar, jede abwertende Bemerkung über Armutsbetroffene oder jeder Witz über Menschen mit Behinderungen trug zu meiner Wut über die grausamen Ungerechtigkeiten dieser Welt bei.
Auf die Wut folgte dann später, mit 16, die Erkenntnis. Nicht (nur) Einzelpersonen, sondern vor allem das System löst meine Wut aus. Weil es auf Ausbeutung von Mensch und Natur basiert und daher gar nicht darauf aus ist, Ungerechtigkeit und Diskriminierungen auszulöschen, sondern davon profitiert. Dann wollte ich nicht mehr nur jammern, sondern was tun: Missstände aktiv ansprechen, kritisieren und dagegen Widerstand leisten. Ich demonstrierte gegen Rassismus, gegen Sexismus, gegen Umweltzerstörung, gegen Rechts und leiste meinen Widerstand jetzt auch bei LINKS.
Links zu sein heißt für mich, eine Welt anzustreben, in der Gerechtigkeit und tatsächliche Chancengleichheit herrscht. In der es – statt ganz wenigen super und den allermeisten miserabel – allen gut geht. Und es heißt auch, gemeinsam diese gerechte, offene, tolerante, solidarische Zukunft gewaltfrei, aber entschlossen umzusetzen.”
Leonie Stein ist Feministin, Aktivistin, Antirassistin, Antifaschistin und Maturantin. Leonie ist LINKS.