Die Fakten zur Klimaerwärmung sind inzwischen unbestritten – von Politiker*innen und Medien hören wir immer öfter: „Es muss was getan werden!“ Trotzdem werden keine Pläne für eine tiefgreifende Verkehrswende entwickelt. Gerade in Österreich gäbe es genug Gründe: Der Straßenverkehr verantwortet 70% des Anstieges der CO2-Emissionen seit 1990 und 2018 wurden 1/3 der CO2-Emissionen durch Straßenverkehr verursacht. Dennoch steht der Bau der Stadtstraße und der Lobau-Autobahn bevor und wir fragen uns: WARUM MACHEN DIE DAS?!
Autobahnen sind Hauptverkehrsadern in einem Wirtschaftssystem, das auf fossiler Energie aufgebaut ist. Der Hauptanteil des Personenverkehrs – als individueller Verkehr auf dem Weg zur Arbeit oder in die Ferien – und der Warentransport spielt sich auf den Straßen ab. Damit Autokonzerne ihre Produkte, Energiekonzerne Benzin und Diesel und die Chemieindustrie ihre Produkte wie Asphalt oder Autoreifen verkaufen können, braucht es Straßen. Aber Konzerne bauen keine Straßen – das beschließen Regierungen und Parlamente in Gesetzen und Verordnungen. Damit dann tatsächlich gebaut wird, werden Firmen wie die ASFINAG gegründet, die die Straßenbaupläne umsetzen.
Das unsichtbare Band
Jetzt könnten diese Regierungen und Parlamente die wissenschaftlichen Fakten und Daten als Grundlage für Entscheidungen hernehmen und zum Beispiel den Ausbau des öffentlichen Verkehrs forcieren. Verkehrsbetriebe sich oft in staatlicher oder kommunaler Hand und müssen finanziert werden – aus dem Budget, dass ansonsten für den Bau von Autobahnen und Förderung von Unternehmen vorgesehen ist. Das wäre eine echte Umverteilung. Darüber hinaus kommen Menschen bequem und ohne Stress von A nach B fahren und in einer gesünderen Umwelt leben. Das passiert aber nicht, denn ein fast unsichtbares Band der Abhängigkeit umschlingt Politik und Konzerne.
Es sind nicht irgendwelche Konzerne, die den Ton angeben. Es sind eben diejenigen, die die fossilen Ressourcen nutzen zur Energieerzeugung, Produktion und Warentransport. Unter den umsatzstärksten Konzernen finden sich deshalb Öl/Gas-Konzerne, Automobilhersteller und Handelsunternehmen. In Österreich sind es Porsche, OMV und REWE, die an der Spitze stehen. Warum sollten sie freiwillig ihre Position im Ranking aufgeben? Trotz ihrer ungeheuren ökonomischen Stärke können sie nicht alles: Sie brauchen die Regierung, damit sie die Infrastruktur bekommen, um weiterzumachen wie bisher -– umgedreht brauchen die Regierungen Steuern, Investitionen und wirtschaftliche Stabilität, die durch die Großkonzerne gegeben scheint.
Wirtschaftsstandort Olé
Im Fall der Lobau-Autobahn wird diese Abhängigkeit sichtbar, denn das einzig wahre Argument für die Autobahn ist die Weiterentwicklung des Wirtschaft-Standortes Wien/NÖ. Werden Gebiete durch Autobahnen und Schnellstraßen erschlossen, siedeln sich Unternehmen an, werden neue Produktionsstandorte aufgebaut – die Stadt „entwickelt“ sich. Dafür werden weitere Flächen planiert und versiegelt. Unsichtbar bleibt vorerst die Anziehungskraft einer internationalen Nord-Süd-Route, die neue Möglichkeiten für den Ausbau des internationalen Warentransportes schafft.
Auch wenn Politik und Wirtschaft zusammenarbeiten, sind wir dem doch nicht wehrlos ausgeliefert. Der Baustopp für die Lobau-Autobahn und Stadtstraße ist möglich und ein Zeichen, dass die Politik gezwungen werden kann, Entscheidungen in unserem Interesse zu treffen. Um aus dem fossilen Kapitalismus herauszukommen, braucht es noch mehr – unser Widerstand gegen den Autobahnbau ist ein richtiger Auftakt dafür.