Andi Daradics

„Die kulturelle Identität, die mir andere aufgeschwatzt haben – die habe ich nicht. Ich bin rumänischer Ungar. Meine Muttersprache ist ungarisch, meine Staatsbürgerschaft rumänisch. Geboren bin ich in Österreich. Es wird versucht mir zu erklären, dass ich Ungar bin und kein Rumäne. Für den österreichischen Staat bin ich aber auch kein Österreicher. Ich wusste lange nicht, wer ich bin. Aber die Identität ist breiter, sie lässt sich nicht so einfach herunterbrechen. Formell darf ich nur eines sein: ‚Entweder das eine, oder das andere. Entscheid dich!‘

2018 hat mir ein Freund die Staatsangehörigkeit geschenkt. Es war ein Witz, aber es trifft einen Punkt. Es war immer ein komisches Gefühl strukturell anders behandelt zu werden, als die anderen. Wir konnten uns die österreichische Staatsbürgerschaft nicht leisten. Ich kenne viele, die eine ähnliche Geschichte haben.

Vor LINKS habe ich mich nie mit einer Partei definieren können. Mit 18 habe ich mich angegriffen gefühlt, als ich liberaler Sozialdemokrat genannt wurde. Ich hätte die nicht gewählt. Die KPÖ war für mich auch nicht wirklich existent. Doch wählen hätte ich so oder so nicht können. Warum nicht Mehrfachstaatsbürgerschaft und Wahlrecht für Alle?

Ich war immer irgendwie links. Den einen Moment, der mich politisiert hat, den gibt es nicht. Das war ein langer Prozess. Ich nenne es Glück, dass ich viele linke Freund*innen habe. Die Gespräche mit ihnen haben mich sehr geprägt.

Im ersten Lockdown bin ich dann einfach zu einem Bezirksgruppentreffen von LINKS gegangen. Anfangs wusste ich nicht, wie genau ich mich einbringen kann. Ich hatte nicht viel politische Vorerfahrung, eigentlich bin ich gelernter EDV-Techniker. Das 3. Treffen habe ich dann gleich mitorganisiert. Seitdem bin ich Hals über Kopf in LINKS. Und am meisten gefällt mir, dass ich so viel lerne.“

Andi ist Lindy-Hop Tänzer, „Wald-und-Wiesen-Aktivist“, und Skandinavistik-Student. Andi ist LINKS.

Ina Bruhn

„Bauchlinks“ war Ina schon immer. Dazu war keine große Emanzipation nötig, denn auch ihre Familie ist „ziemlich links“, wie sie sagt. 

#unibrennt  und die Hausbesetzung in der Lindengasse 2011 gehörten zu ihren ersten „eigenen“ politischen Erfahrungen. Dort erlebte sie erstmals wie aus dem Nichts politische Strukturen entstehen können: Von einem Tag auf den anderen entstanden Räume der politischen Mitgestaltung, die man sich einfach genommen hatte und die im Leben Anderer wirklich einen Unterschied machten: Suppenküchen, Schlafmöglichkeiten, Bildungsräume. 

Das bestärkte sie in ihrer Ansicht, dass eine andere, bessere Realität möglich ist und dass die Dinge, die wir als gegeben annehmen, auch ganz anders sein können. 

Es vergeht kein Tag, an dem sie nicht an die politischen Gegebenheiten, in denen wir leben erinnert wird – und warum wir sie ändern müssen: der Sommer 2015 – der „lange Sommer der Migration“ – war voll solcher Momente. Auch in ihrem Alltag als Ärztin ist sie täglich mit Ungerechtigkeiten konfrontiert, die sie bestärken weiterzumachen.

Nach einigen politischen Gehversuchen – am prägendsten im Projekt „Aufbruch“ – kam LINKS, wo sie die Gründungsversammlung mit vorbereitete. Lange bevor LINKS LINKS hieß. 

„Wir hatten keine Ahnung, ob das was wird“. Aber nach der Gründung kamen – trotz Corona – immer mehr Menschen dazu. Die Ereignisse überschlugen sich förmlich und Ina war stets mittendrin. Manchmal vielleicht zu sehr, wenn sie etwa im Nachdienst zwischen 2 Patient*innen über Programm-Texten saß.

Dass LINKS auch nach der Wahl weiterwächst, motiviert Ina dranzubleiben. 

„Als ich bei der Gründung dabei war und ein paar Monate vorher die Basisausbildung als Ärztin begann, waren es vor allem die anderen inspirierenden und kämpferischen Menschen, die mich motiviert haben.“ 

Ina ist Ärztin, Ottakringerin und Transparentmalerin mit Hang zur Maßlosigkeit. Ina ist LINKS.

Flora Lola

Samstags lässt sich Flora oft beim Garteln im Gemeinschaftsgarten in Ottakring entdecken. Aufgewachsen ist sie in Meidling in einer Familie mit spanisch-deutschen Wurzeln. So wurde Wahlrecht, Migration und Menschenrechte schon früh thematisiert.

Ihre frühe Jugend verbrachte sie in einem christlichen Umfeld, entfernte sich später aber von der Kirche, weil ihr offener Umgang mit Sexualität und sexueller Orientierung wichtiger war als weiter in den Strukturen der Kirche zu bleiben. Über eine Freundin schloss sie sich der Gruppe @revolution_austria an und fing mit 15 an, sich mit kommunistischer Theorie auseinander zu setzen. Bei dem Bündnis „Schulstreik gegen Schwarz-Blau“ wirkte sie mit und hielt ihre erste öffentliche Rede am Heldenplatz gegen die Angelobung der Regierung. Früh war sie auch bei Demonstrationen gegen den Akademikerball und andere Aktionen auf der Straße gegen Rechtsextremismus dabei. 

„Ein Schlüsselerlebnis waren auf jeden Fall die G20 Protest 2016, da musste ich das erste Mal erleben wie Genoss*innen schwer von der Polizei verletzt wurden und wie in den Tagen darauf trotzdem tausende Leute gemeinsam für eine Sache auf die Straße gingen“

Auch bei der @hosiwien ist sie Mitglied und genießt mit ihrer Partnerin auch Events wie den Wiener Regenbogenball. Die LINKS-Gründung nahm sie anfangs aus der Distanz wahr, den radikalen Wahlkampf fand sie richtig gut, beigetreten ist sie erst kurz vor der Aktivist*innenkonferenz im Februar. Kampf gegen das Patriarchat, Antikapitalismus, Antifaschismus, Antirassismus und Wahlrecht für Alle sind ihre politischen Schwerpunkte. 

Von LINKS erwartet sich Flora eine klassenkämpferische Partei, die in Wien eine Politik für alle hier lebenden Menschen macht. 

Im Studium pausiert sie gerade und arbeitet lieber im Gartenbau. Flora ist Kommunistin und Wienerin.

Mika Wohlgenannt

Mit 13/14 fassten Freund*innen und er gemeinsam den Mut, bei FPÖ-Infoständen Kugelschreiber mitzunehmen und sie anschließend zu entsorgen. Initiation vom Feinsten. Mit seinen Eltern diskutiert er viel darüber wie Identitäts-, Gender- und Klassenpolitiken zusammenhängen. „Gerade LINKS veranschaulicht das super.“

2019 hatte er gemeinsam mit einer Freundin Lust auf kollektives Handeln und ist am selben Tag zuerst zu einer Versammlung der SJ und dann zur GAJ gegangen. Bei der GAJ blieb er dann auch, wählte bei den Nationalratswahlen Grün. Von der Gründungsversammlung von LINKS las er im Standard, ergatterte aber keinen Platz mehr, weil diese ausgebucht war und hatte seinen “first contact“ dann beim Kennenlernen im Park mit Julia, Isa, Regina und wenig später mit Mo, Berry, Didi bei der Bezirksgruppe RH5H.

„Es war super, so viele unterschiedliche Leute, so divers und alle Altersschichten und gleich praktische Politik machen gemeinsam“. 

Richtig cool war für Mika das Unterstützungserklärungssammeln für die Gemeinderatswahlen. „Wir waren in ganz Wien im Einsatz, das war relativ easy, ich hatte schon meine Erfahrungen“ grinste er.

Sein wichtigstes politisches Thema ist Sicherheit, Polizeigewalt und die rassistische Komponente dabei. „An öffentlichen Plätzen, wo Jugendliche abhängen, werden fast immer nur Gruppen mit migrantischen Kids unnötig kontrolliert oder wie jetzt unter Corona-Bedingungen sogar gejagt. Das muss sich ändern.“

Als im Jänner georgische Mädchen abgeschoben wurden, und LINKS binnen Stunden eine Demo für 1500 Leute organisierte, übernahm er spontan die Verantwortung mit der Polizei vor Ort zu verhandeln.

Für LINKS sieht Mika eine rosige Zukunft. „Wir sind divers, motiviert und werden immer mehr“. Für sich selbst hegt er keine riesigen Pläne: Zivildienst, Nichts-Tun, LINKS-Politik, vielleicht Soziale Arbeit studieren, Bewährungshilfe oder so.

Mika ist Feminist, Antifaschist und hatte heute Matura! Gratulation!

Katarzyna Winiecka

“Meine Eltern sind Ende der 80er Jahre mit mir aus Polen geflüchtet. Ich war drei Jahre alt. So alt wie es mein Sohn heute ist. Meine erste Erinnerung ist aus dem Flüchtlingslager in Traiskirchen bei Wien. Nach einiger Zeit sind wir in eine andere Flüchtlingsunterkunft ins Salzkammergut verlegt worden. Ein ehemaliges abgewirtschaftetes Hotel am Ende einer Sackgasse an der Bundesstraße. Dort verbrachte ich zwei Jahre meiner Kindheit, anstatt wie österreichische Gleichaltrige in einem Kindergarten.

Ich erinnere mich ans Autostoppen an der Bundesstraße und Mitfahrten in LKWs in die nächste Stadt mit meinen Eltern, die sich den Bus nicht leisten konnten, aber ein bisschen Geld dazuverdienen wollten. Nach und nach kamen die großen Bauunternehmen aus der Region und sammelten mit ihren Minibusen täglich in der Morgendämmerung die jungen Männer wie meinen Vater aus den Flüchtlingslagern ein, um sie die heute noch stehenden Häuser und Straßen im Salzkammergut bauen zu lassen. Diese Generation von Migranten baute jahrzehntelang die Infrastruktur in diesem Land und auch in dieser Stadt mit auf. Damals war es „schwarze“ Arbeit, heute sagen wir undokumentierte dazu: also Arbeit ohne Papiere, Arbeit ohne Schutz, Arbeit ohne Rechte.

Den meisten Kindern von Geflüchteten und Migrant*innen ist die Diskriminierung ihrer Eltern, selbst nach Jahrzehnten in diesem Land – bei Bewerbungsgesprächen, am Arbeitsplatz oder bei der Wohnungssuche – nicht fremd. Auch ich habe sie dabei begleitet, sprachlich vermittelt und viele Verletzungen ihrer Würde und ihrer Rechte erlebt und bereits sehr jung verstanden, wie von ihrer Arbeitskraft profitiert wird, in dem sie ausgebeutet werden. 

Um es ganz klar an dieser Stelle zu sagen:

Leistung ist es nicht, die in diesem System, diesem Land und dieser Stadt zu einem abgesicherten, lebenswerten Leben führt. Das kann mir, das kann uns niemand und vor allem nicht unser Bundeskanzler erzählen.”

Katarzyna Winiecka, LINKS-Bezirksrätin im Alsergrund in ihrer Angelobungsrede. Katarzyna ist Aktivistin, Mutter, Pädagogin und Künstlerin. Katarzyna ist LINKS.

Clemens Lahner

„Meine Mutter war Alleinerzieherin. Wie sie ihren Fulltime-Job, den Haushalt und uns Kinder unter einen Hut gebracht hat, ist mir heute ein Rätsel. Sie hat uns klare Grenzen gesetzt, uns aber auch viele Freiheiten gelassen, uns eine Portion Gerechtigkeitssinn und auch ein Gefühl dafür mitgegeben, wie wertvoll eine gute Ausbildung ist.

Der Vater meiner besten Freundin war Rechtsanwalt und vertrat in den Neunzigern Bürgerinitiativen und Flüchtlinge aus dem Kosovo im Asylverfahren. Damals kam ich wohl auf die Idee, Anwalt zu werden. Oder Revolutionär und Guerrillero, aber das wollte meine Mutter nicht…

Dass ich maturieren und Jus studieren konnte, ohne wohlhabend oder kreditwürdig zu sein, ist ein Privileg, dessen ich mir erst später bewusst wurde. Heute wünsche ich mir, dass alle Kinder und Jugendlichen so eine Chance bekommen und nicht wegen der „falschen“ Muttersprache in die Sonderschule gesteckt oder mit zehn Jahren aussortiert werden, weil Nachhilfe zu teuer ist und ihre Eltern ihnen nicht bei den Hausaufgaben helfen können.

Als Rechtsanwalt kämpfe ich für die Grundrechte sehr unterschiedlicher Menschen. Damit wird man zwar nicht reich, aber es fühlt sich richtig an. Wenn wir einen Asyl-Fall gewinnen, bedeutet das oft ein neues Leben für eine ganze Familie. Das ist jedes Mal zum Heulen schön, ändert aber natürlich wenig an den systematischen Ungerechtigkeiten, die es auch in Wien und Österreich gibt.

Ich will ein gutes Leben, aber nicht nur für mich oder meine Familie, sondern für alle Menschen, egal, wie sie heißen, wie sie ausschauen, wo sie herkommen, was sie glauben, wen sie lieben. Eine Wohnung, eine sinnstiftende Arbeit, Ausbildung, medizinische Versorgung, frische Luft, sauberes Trinkwasser, menschenwürdige Behandlung, Sicherheit, Respekt, für Alle. Ein gutes Leben für Alle!

Aber geht das überhaupt, ein gutes Leben für Alle? Sicher geht das. Mit Links.“

Clemens Lahner ist Vater eines zweisprachigen Sohnes, Antifaschist, Feminist, Grätzlrad-Betreiber und Rechtsanwalt. Clemens ist LINKS.

Sidal Keskin

“Als ich noch in Niederösterreich lebte, hatte ich ein Doppelleben. Hier das migrantische Arbeiter*innenumfeld, in dem ich lebte, dort die Klassenkolleg*innen, die aus ganz anderen Verhältnissen kamen als ich. Mir wurde von Lehrer*innen, von Mitschüler*innen immer wieder das Gefühl vermittelt, dass ich nicht dazugehöre, nicht dazugehören kann.  

Ich wollte aber dazu gehören und fühlte ich mich ungerecht behandelt. Erst dachte ich, ich müsste an mir etwas ändern. Dann fiel mir immer mehr auf, dass ich nicht alleine war mit meiner Situation, und dass die Ungleichbehandlung nicht nur mich betraf. Dann begann ein Prozeß in mir.

Die Geschichte meiner kurdisch-alevitischen Familie ist von Flucht, Unterdrückung und Völkermord geprägt. Zusammen mit meinen eigenen Erfahrungen konnte ich an einem gewissem Punkt nicht anders, als selbst was zu tun. Mich zu solidarisieren. Anzufangen, gegen die Machtverhältnisse zu kämpfen, die dafür sorgen, dass es uns nicht allen gleich gut geht. 

Ich engagiere mich seither. Im Wahlkampf für VdB, in der Tierbefreiungsszene, in einem queer-migrantischen Kollektiv, in unterschiedlichen kurdischen Plattformen, im alevitischen Verein und in feministischen und antifaschistischen Gruppen. Oft fällt mir auf, dass es die Marginalisierten selbst sind, die sich leichter mit Empathie für andere tun und dass Menschen, die weniger betroffen sind, auch seltener ihre Stimmen erheben. Genau das hemmt Veränderungen in der Gesellschaft: Dass Leute nicht bereit sind, sich mit ihren Privilegien auseinanderzusetzen und daran zu arbeiten, diese aufzugeben.

Links zu sein bedeutet in diesem Sinne für mich, nicht nur Symptome bekämpfen, sondern die Probleme unserer Gesellschaft an der Wurzel anzupacken. Das heißt auch an sich zu arbeiten. Denn links „wird“ oder „ist“ man nicht: Das ist ein Prozess, der niemals endet.”  

Sidal Keskin ist Feministin, Aktivistin, Angestellte, Köchin, Studentin der Politikwissenschaft. Sidal ist LINKS.

Marty Huber

“Als Jugendliche war ich auf den Protesten gegen die bayerische Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf für Atommüll und redete mit den Aktivist*innen, die dort Widerstand leisteten. Die Polizei ging mit Wasserwerfern und Tränengas gegen sie vor, es gab massiven Druck seitens der Politik auf Menschen, die vor Ort lebten. Trotzdem waren die Proteste erfolgreich, die WAA wurde verhindert. Das Schönste daran war die Zusammenarbeit verschiedenster Leute: Pensionist*innen, Bäuer*innen, Berliner Anarchist*innen, Punks. Wie sie gemeinsam zivilen Ungehorsam gegen eine patriarchale, umweltzerstörerische Wirtschaftsdoktrin leisteten, das hat mich nachhaltig geprägt. 

Ich wuchs in einer erzkatholischen Familie auf. Im Innviertel, wo ehemalige Nazis unbehelligt weiterleben und -arbeiten konnten, und wo Haider mit seinen Aschermittwochsreden begann. Ein Umfeld, wo du weißt, du wirst zur Zielscheibe, wenn du aus der Reihe fällst. 1992 ging ich nach Wien, um den engen patriarchalen und heteronormativen Vorstellungen dort zu entkommen und in der Stadt Freiheit als lesbische und genderqueere Person zu finden. 

Heute bin ich immer noch hier und das ist gut so. Seit 1996 bin ich in der Türkis Rosa Lila Villaorganisiert, habe die Queer Base – Welcome and Support for Lgbtiq Refugees mitaufgebaut, die Donnerstags-Demos mitorganisiert. Es geht mir nicht besser, wenn es anderen schlecht geht. Mir geht es besser, wenn alle alles haben, um ein gutes Leben zu führen. Das bedeutet Freiheit und Gleichheit für alle, die in dieser Stadt leben.

Links sein bedeutet für mich, zugehörig, kritisch und wach zu sein. Es bedeutet die Möglichkeit, zu einer Gesellschaft beitragen zu können – mit den Fähigkeiten, die man hat und weiter ausbaut. Und es bedeutet auch den Versuch, Zusammenhänge zu verstehen und Wege zu finden, uns zu befreien. 

Das Wort Befreiung sollte man überhaupt öfter verwenden.”

Dr. Marty Huber ist radikale Demokratin, Wissenschaftlerin, Aktivistin. Marty ist LINKS. 

Berry Maletzky

“Die erste Erinnerung meiner Mutter war ein Krankenhaus in Westberlin. Dort landete sie vor genau 60 Jahren, nachdem sich meine Großmutter auf der Flucht aus der DDR an einem Brückenpfeiler verletzte. Auch mein Vater kommt aus der DDR, war politisch gegen das Regime engagiert und wurde bei einem Fluchtversuch über die Mauer angeschossen. Bevor ihm die Staatsbürgerschaft entzogen wurde, verbrachte er Jahre in einem Stasi-Gefängnis. Nachvollziehbar, dass ich den Sozialismus, für den ich kämpfe, auf keinen Fall mit einem autoritären Regime wie der DDR in Verbindung gebracht haben will. Ich will in einer Gesellschaft leben, vor der niemand flüchten muss, und aus der niemand rausgeschmissen wird.

Meine Mutter war während ihrer Ausbildung Alleinerzieherin und später Vollzeitmutter, mein Vater selbstständig. Nach einer Erkrankung fand mein Vater keine Anstellung mehr, und so bekommen meine Eltern jetzt beide fast keine Pension. Das ist nicht gerecht, in einer so prekären Situation vom Staat zurückgelassen zu werden. Mein Studium musste ich mir selbst finanzieren, denn eben, die Eltern hatten nie Geld. Statt wie die anderen feiern zu gehen, ging ich arbeiten. Dank der Studiengebühren in Deutschland habe ich heute noch Schulden.

Der erste Schritt zur Radikalisierung war dann, als ich arbeitslos wurde und einmal meine Miete nicht rechtzeitig zahlen konnte. Der Vermieter, der mehrere Häuser besitzt, hat mir daraufhin nur lapidar geantwortet: Ich hab ja auch Verpflichtungen. Da hab ich mir gedacht – jetzt reicht’s. Aus meiner letzten WG in einem von der Stadt Wien geförderten Wohnbau musste ich nun ausziehen, statt wie gewünscht die Hauptmiete zu übernehmen, weil ich als Student – surprise! – nicht 3500€ netto verdiente.

Links sein bedeutet für mich eine feministische, antikapitalistische Politik durchzusetzen, Seite an Seite mit großartigen Leuten. Um zu zeigen, dass man eine Gesellschaft für die Allgemeinheit verbessern kann, ohne dabei wieder irgendeine Gruppe zu benachteiligen.”

Berry Maletzky ist Queer-Feminist, Biologe, Antikapitalist, Antifaschist und will Immobilienkonzerne enteignen. Berry ist LINKS.

Roja Ratzinger

“Seitdem ich denken kann, weiß ich, dass die Gefahr von rechts real ist. Das hat damals bereits meine mit mir hochschwangere Mutter am eigenen Leib zu spüren bekommen. Sie selbst, gebürtige Iranerin und engagierte Antifaschistin, lebte allein mit meiner damals achtjährigen Schwester in Bayern. Es begann mit Drohbriefen, nächtlichem Telefonterror, besprayter Hauswand und eingeschlagenen Autoscheibe. Sie solle das Land verlassen, wenn sie am Leben bleiben will, drohte man ihr. 

Als sie die Polizei alarmierte, erklärte ihr diese, dass sie doch verstehen müsse, dass die Leute hier ein Problem mit der ganzen Zuwanderung hätten. Alleingelassen vom deutschen Staat, auf den sie als Sozialarbeiterin einen Eid schwor, musste sie sich selbst helfen. Sie installierte eigens eine Fangschaltung, Freunde aus der linken Szene hielten nächtliche Wache.

Dies ist die Geschichte meiner Familie. Es ist eine Geschichte von vielen in Deutschland und Österreich – jede einzelne dieser Geschichten, ist eine zu viel. Nichtsdestotrotz, hat mir all das schon in jungen Jahren viel gelehrt, dass rechtes Gedankengut und rassistische Gewalt nicht nur Teil einer schandhaften Vergangenheit unserer Gesellschaft sind, sondern dass es sie im Hier und Jetzt gibt. Antifaschist*in zu sein, heißt einen lebenslangen Kampf zu kämpfen, immer wachsam zu bleiben, nie aufzuhören daran zu erinnern und niemals zu vergessen. 

Links sein bedeutet für mich, sich immer – ohne Wenn und Aber – auf die Seite der Schwächeren zu stellen. Es bedeutet, wütend zu sein auf diese ungerechte Welt und sie genau deshalb unbedingt ändern zu wollen. Es beschreibt für mich das Streben, nach einer besseren, einer gerechteren Welt, in welcher alle die Möglichkeit bekommen sollen, miteinander in Wohlstand, Frieden, Sicherheit und im Einklang mit der Natur zu leben.” 

Roja Ratzinger ist überzeugte Antifaschistin, Antikapitalistin und Psychologin. Roja ist LINKS.