“Meine Mutter hat mich nie umarmt. So hieß das Gedicht, mit der ich in der Schule einen Preis gewann. Nicht mal da bekam ich zum Trost eine Umarmung. Sie hielt mich wohl irgendwie mehr für einen dritten Elternteil als für ihr Kind.
Zwei Jahre alt und ich musste plötzlich unabhängig werden. Ich wuchs in einem normalen Dorf in einer normalen Familie auf, nicht arm, nicht reich, alles ganz normal. Meine Mutter hatte eine Frühgeburt im fünften Monat mit meinem Bruder. Ein Jahr Krankenhaus, körperliche und geistige Behinderung. Ich war die ältere Schwester und wusste, jetzt geht es nicht mehr um mich. Und als dann Jahre später noch meine Schwester kam, wurde die wenige Aufmerksamkeit, die ich bekam, noch mal weniger.
Ich studierte in Rom und dachte, ich könne endlich eine Beziehung als Tochter zu meiner Mutter aufbauen. Und gerade dann starb sie plötzlich eines Tages. Ich war so verloren und landete in einer Beziehung, die zerstörerisch war. Bevor ich noch eine Zeile darüber gelesen hatte, erfuhr ich, was toxische Maskulinität heißt. Dann bekam ich ein Jobangebot aus Wien und wusste, ich muss jetzt weg.
Bevor ich nach Wien kam, war ich überhaupt nicht an Politik interessiert. Aber nach diesen Erfahrungen hat sich hier alles verändert. Mein ganzes Umfeld war neu und damit mein ganzes Leben. Ich fing an, politische, vor allem feministische Bücher zu lesen, bemühte mich, viele neue Leute kennenzulernen, mit denen ich über Politik reden konnte, ich ging zum ersten Mal auf Demos – Donnerstagsdemos, Demos gegen Abschiebungen.
Dann las ich ein Posting, dass LINKS Fotograf*innen sucht und ich meldete mich, weil ich unbedingt politisch was tun wollte und auch was mit Fotografie. Das war direkt nach dem Wahlkampf, es dauerte einige Zeit, bis es dazu kam. Aber dann war ich dabei und bin so froh darüber.
Links sein für mich ist simpel: Denk nicht nur an dich selbst. Denk auch nicht nur an jene, von denen du denkst, dass sie so sind wie du. Denk an alle und mach was!”
Beatrice Signorello ist Mathematikerin, die Fotografin werden will, Italienerin, die sich erst in Wien italienisch fühlte und Feministin. Bea ist LINKS.