“Meine Eltern sind Ende der 80er Jahre mit mir aus Polen geflüchtet. Ich war drei Jahre alt. So alt wie es mein Sohn heute ist. Meine erste Erinnerung ist aus dem Flüchtlingslager in Traiskirchen bei Wien. Nach einiger Zeit sind wir in eine andere Flüchtlingsunterkunft ins Salzkammergut verlegt worden. Ein ehemaliges abgewirtschaftetes Hotel am Ende einer Sackgasse an der Bundesstraße. Dort verbrachte ich zwei Jahre meiner Kindheit, anstatt wie österreichische Gleichaltrige in einem Kindergarten.
Ich erinnere mich ans Autostoppen an der Bundesstraße und Mitfahrten in LKWs in die nächste Stadt mit meinen Eltern, die sich den Bus nicht leisten konnten, aber ein bisschen Geld dazuverdienen wollten. Nach und nach kamen die großen Bauunternehmen aus der Region und sammelten mit ihren Minibusen täglich in der Morgendämmerung die jungen Männer wie meinen Vater aus den Flüchtlingslagern ein, um sie die heute noch stehenden Häuser und Straßen im Salzkammergut bauen zu lassen. Diese Generation von Migranten baute jahrzehntelang die Infrastruktur in diesem Land und auch in dieser Stadt mit auf. Damals war es „schwarze“ Arbeit, heute sagen wir undokumentierte dazu: also Arbeit ohne Papiere, Arbeit ohne Schutz, Arbeit ohne Rechte.
Den meisten Kindern von Geflüchteten und Migrant*innen ist die Diskriminierung ihrer Eltern, selbst nach Jahrzehnten in diesem Land – bei Bewerbungsgesprächen, am Arbeitsplatz oder bei der Wohnungssuche – nicht fremd. Auch ich habe sie dabei begleitet, sprachlich vermittelt und viele Verletzungen ihrer Würde und ihrer Rechte erlebt und bereits sehr jung verstanden, wie von ihrer Arbeitskraft profitiert wird, in dem sie ausgebeutet werden.
Um es ganz klar an dieser Stelle zu sagen:
Leistung ist es nicht, die in diesem System, diesem Land und dieser Stadt zu einem abgesicherten, lebenswerten Leben führt. Das kann mir, das kann uns niemand und vor allem nicht unser Bundeskanzler erzählen.”
Katarzyna Winiecka, LINKS-Bezirksrätin im Alsergrund in ihrer Angelobungsrede. Katarzyna ist Aktivistin, Mutter, Pädagogin und Künstlerin. Katarzyna ist LINKS.